Ab dem 28. Juni 2025 gilt in der EU das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Einfach gesagt: Unternehmen, die ihre Dienstleistungen oder Produkte online an Endverbraucher verkaufen, müssen dafür sorgen, dass ihre Websites für alle Menschen zugänglich sind – auch für Menschen mit Einschränkungen.
Warum das wichtig ist?
Stell dir vor, jemand möchte deine Website nutzen. Vielleicht hat er eine Sehschwäche und kann die kleinen Texte nicht lesen. Oder er kann mit der Maus nicht klicken und versucht verzweifelt, sich nur mit der Tastatur durchzuklicken. Vielleicht verwendet er gerade auf einem Screenreader, doch die Seite ist schlecht programmiert, so dass der Inhalt nicht verständlich vorgelesen werden kann. Der Leser möchte sich informieren, etwas kaufen oder einen Termin buchen – aber er kommt nicht ans gewünschte Ziel. Auch ohne Beeinträchtigung sind unübersichtliche Websites echt nervig. Das ist für jeden frustrierend und für dich ein verlorener Kunde.
In diesem Artikel zeigen wir dir, was du tun kannst, um deine Website barrierefrei zu machen, worauf es ankommt und warum das Ganze nicht nur eine lästige Pflicht, sondern auch eine richtig gute Chance für dein Business ist.
Warum hat die EU dieses Gesetz erlassen?
Die Antwort ist erstmal einfach: Jeder Mensch soll einen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Informationen und Dienstleistungen haben.
Was für viele selbstverständlich ist – schnell online einen Termin buchen, Informationen abrufen oder etwas bestellen – stellt für Millionen von Menschen mit Einschränkungen immer noch eine große Hürde dar.
In Österreich sind etwa 25 % der Bevölkerung zwischen 15 und 89 Jahren im Alltag durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt – das sind rund 1,9 Millionen Menschen. EU-weite Daten zeigen, dass etwa 27 % der Bevölkerung über 16 Jahren mit einer Form von Behinderung leben. Das entspricht rund 101 Millionen Menschen.
Diese Gruppe umfasst nicht nur Menschen mit schweren Behinderungen, sondern auch jene mit leichten Einschränkungen, wie Seh- oder Hörschwächen, motorischen Problemen oder Konzentrationsschwierigkeiten. Auch ältere Menschen, die weniger technikaffin sind, profitieren von barrierefreien Websites. Kurz gesagt: Schätzungsweise 25 % der Bevölkerung im DACH-Raum könnten von barrierefreien Inhalten profitieren. Weltweit geht man davon aus, dass etwa 16 % der Bevölkerung direkt auf barrierefreie Inhalte angewiesen sind.
Doch es geht hier nicht nur um Zahlen. Es geht darum, Menschen nicht auszuschließen. Niemand sollte das Gefühl haben, dass digitale Angebote für ihn „nicht gemacht“ sind. Das neue Gesetz stellt sicher, dass jeder – unabhängig von Fähigkeiten, Alter oder Einschränkungen – dieselben Möglichkeiten hat, Informationen zu nutzen und Services in Anspruch zu nehmen.
Kurz gesagt: Barrierefreiheit ist kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein Grundrecht, das digitale Angebote inklusiver und gerechter für alle macht.
Welche Probleme haben Menschen mit nicht barrierefreien Websites?
Worum geht es hier also genau? Für viele von uns ist das Internet ein Ort, an dem wir schnell Informationen finden, Produkte kaufen oder mit anderen kommunizieren können. Für Menschen mit Behinderungen kann eine nicht barrierefreie Website aber zu einem echten Hindernis werden:
Wenn Kontraste oder Screenreader versagen:
- Ein schlechter Kontrast zwischen Text und Hintergrund macht es Menschen mit Sehschwächen schwer, Inhalte zu lesen.
- Fehlende Alternativtexte für Bilder führen dazu, dass visuelle Inhalte für blinde Nutzer über Screenreader nicht zugänglich sind.
- Websites, die überhaupt nicht mit Screenreader-Software kompatibel sind, schließen blinde Menschen komplett aus.
Wenn Audios und Videos nicht betitelt sind:
- Videos und Audioinhalte ohne Untertitel oder Transkripte sind für gehörlose Menschen unzugänglich.
Wenn die Seite nicht richtig klickt:
- Wenn Websites nicht über die Tastatur steuerbar sind, können Menschen mit eingeschränkter Motorik sie nicht bedienen. Besonders problematisch sind auch zu kleine Klickflächen oder ein fehlender sichtbarer Fokus, der anzeigt, wo sich der Nutzer gerade auf der Seite befindet.
Wenn Kognitive Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt werden:
- Komplexe Sprache und unstrukturierte Inhalte erschweren das Verständnis. Versionen in Einfacher oder Leichter Sprache fehlen häufig.
Was es sonst noch für Probleme gibt:
- Eingeblendete Inhalte wie Banner oder Pop-ups, die sich nicht schließen lassen, machen die Nutzung oft unmöglich.
- Unzugängliche elektronische Dokumente wie PDFs und schlecht gestaltete Online-Shops schaffen unnötige Barrieren.
Diese Hindernisse führen dazu, dass Menschen mit Behinderungen vom digitalen Leben ausgeschlossen oder ihnen der Zugang erheblich erschwert wird. Dabei sind sie oft eine wichtige und aktive Gruppe von Online-Nutzern und -Kunden. Eine barrierefreie Website schafft also nicht nur Gerechtigkeit, sondern macht deine Inhalte auch für eine größere Zielgruppe nutzbar.
Für wen gilt die Pflicht zur Barrierefreiheit ab 2025?
Kurz gesagt: Wenn du deine Produkte oder Dienstleistungen an Endkunden verkaufst, betrifft dich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wahrscheinlich. Besonders betroffen sind Unternehmen, die Online-Funktionen wie Terminvergabe, Verkäufe oder Kontaktformulare anbieten. Allerdings gibts es auch ein paar wichtige Ausnahmen, nämlich für Kleinstunternehmer und für Unternehmen im B2B Bereich.
Wer muss seine Website barrierefrei gestalten?
- Unternehmen im B2C-Bereich, die Dienstleistungen oder Produkte online an Verbraucher verkaufen oder anbieten.
- Dienstleister wie Coaches, Heilpraktiker, Therapeuten, Yoga-Studios oder Fotografen, sofern sie Online-Buchungen, Kontaktformulare oder E-Commerce-Funktionen auf ihrer Website bereitstellen.
- Online-Shops, Hotel- und Reiseportale, Apps und Buchungstools für Endverbraucher.
- Unternehmen, die digitale Abonnements oder Mitgliedschaften verkaufen.
- Verlage, die digitale Publikationen oder E-Books anbieten.
- Öffentliche Institutionen übrigens, wie Behörden oder Schulen, müssen ihre Websites schon seit 2020 barrierefrei gestalten.
Szenario 1: Barrierefreie Website im B2B Bereich
Reine B2B-Websites, also Seiten, die sich nachweislich nur an andere Unternehmen richten, sind von der Pflicht zur Barrierefreiheit nicht betroffen.
Falls du aber auch nur zu geringen Teilen an Endverbraucher verkaufst, oder es nicht sofort ersichtlich ist, ob das der Fall ist, sollten die weitere Situation geprüft werden:
Szenario 2: Gilt die Barrierfreiheit auch für Kleinunternehmer?
Dienstleister, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und entweder weniger als 2 Millionen Euro Umsatz oder Bilanzsumme pro Jahr aufweisen, sind von der Barrierefreiheitspflicht befreit. Bist du ein solches Unternehmen müsstest du deine Website nicht zwingend barrierefrei gestalten, es sei denn, du handelst, importierst oder produzierst folgende Produkte, die unter das Gesetz fallen (§ 2 BaFG):
- Hardwaresysteme für Universalrechner (z.B. Computer) inklusive Betriebssysteme
- Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten, Fahrkartenautomaten oder Check-In-Automaten
- Verbraucherendgeräte für elektronische Kommunikationsdienste (z.B. Smartphones und Tablets)
- Interaktive Verbraucherendgeräte wie Smart-TVs oder E-Book-Lesegeräte
- E-Book-Software und Lesegeräte
In diesen Fällen gelten keine Ausnahmen für Kleinstunternehmen, da das Gesetz hier die Barrierefreiheit der Produkte selbst vorschreibt – unabhängig von der Unternehmensgröße.
Szenario 3: Müssen Websites mit rein informativem Charakter barrierefrei sein?
Auch wenn deine Website nur zur Präsentation von Informationen dient, und keinerlei weitere Funktionen hat, also kein Kontaktformular oder Buchungstool, bist du betroffen von dem neuen Gesetz. Allerdings ist die Umsetzung der Barrierefreiheit, auf deiner Website, dann auf einige wenige Details beschränkt, die leicht umzusetzen sind.
Tipp: Hier gehts zum BFSG Check.
Solltest du deine Website in jedem Fall barrierefrei gestalten?
Wenn deine Website keine Buchungs- oder Interaktionsmöglichkeiten bietet, also nur rein als digitale Visitenkarte dient, bist du von diesem neuen Gesetz auch nicht betroffen. Dennoch finden wir es in jedem Fall empfehlenswert, auf Barrierefreiheit zu achten!
Denn auch einfache Elemente wie Farben, Kontraste oder Schriftgrößen können für Menschen mit Sehschwäche oder motorischen Einschränkungen schwer zu verarbeiten sein. Eine barrierefreie Website sorgt also dafür, dass alle Besucher deine Inhalte nutzen können. Es geht dabei nicht nur um die Einhaltung eines Gesetzes, sondern auch darum, deine Inhalte allen zugänglich zu machen.
Barrierefreiheit zahlt sich aus – für alle
Eine barrierefreie Website hat aber noch einen großen Vorteil: Sie bringt nicht nur Menschen mit Einschränkungen weiter, sondern verbessert die Nutzererfahrung für jeden.
Denk mal an jemanden, der im Café sitzt und auf seinem Smartphone schnell etwas nachsehen möchte. Wenn die Schrift zu klein ist, die Navigation kompliziert oder der Kontrast schlecht, wird die Seite einfach wieder geschlossen. Oder jemand, der nach einem langen Arbeitstag müde ist und sich auf übersichtliche Inhalte verlassen will – auch er profitiert von einer klaren, gut zugänglichen Website.
Und das ist noch nicht alles:
- Mehr Reichweite: Millionen von Menschen weltweit sind auf barrierefreie Inhalte angewiesen – das sind potenzielle Kunden, die du sonst verlieren würdest.
- Bessere SEO: Suchmaschinen lieben strukturierte, gut zugängliche Seiten. Alt-Texte, klare Überschriften und optimierte Inhalte helfen dir, besser gefunden zu werden.
- Professionelles Image: Barrierefreiheit zeigt, dass du Verantwortung übernimmst und dich um deine Kunden kümmerst – ein echter Pluspunkt für dein Branding.
- Zufriedene Nutzer: Eine barrierefreie Website ist übersichtlich, intuitiv und angenehm zu bedienen – und zwar für alle. Das sorgt für längere Verweildauer und weniger Frust.
Kurz gesagt: Eine barrierefreie Website ist ein Gewinn auf allen Ebenen. Du zeigst nicht nur, dass du niemanden ausschließt, sondern machst deine Seite gleichzeitig besser, zugänglicher und erfolgreicher.
Wie kannst du deine Website barrierefrei gestalten?
Barrierefreiheit klingt erstmal nach viel Aufwand, aber es sind oft die kleinen Dinge, die den größten Unterschied machen. Hier sind einige konkrete Maßnahmen, die du sofort umsetzen kannst:
- Alt-Texte für Bilder hinzufügen: Bilder sagen mehr als tausend Worte – aber nur, wenn man sie sehen kann. Ein Alternativtext (Alt-Text) beschreibt, was auf einem Bild zu sehen ist. Screenreader lesen diesen Text vor, sodass auch blinde oder sehbehinderte Menschen wissen, was dargestellt wird. Stelle dabei sicher, dass dein Alt-Text tatsächlich dein Bild beschreibt.
- Videos mit Untertiteln versehen: Wenn du Videos auf deiner Website nutzt, füge unbedingt Untertitel hinzu. Das hilft Menschen mit Hörproblemen – und übrigens auch denen, die gerade in einer lauten Umgebung sind oder den Ton nicht einschalten möchten.
- Klarer Aufbau und einfache Navigation: Eine logische Seitenstruktur ist das A und O. Klare Überschriften, gut erkennbare Menüs und eine einfache Navigation machen es nicht nur Menschen mit Einschränkungen, sondern allen Besuchern leichter, sich zurechtzufinden.
- Ausreichender Farbkontrast: Texte müssen deutlich lesbar sein – auch für Menschen mit Sehschwäche. Achte darauf, dass der Kontrast zwischen Hintergrund und Schrift groß genug ist. Dunkle Schrift auf hellem Hintergrund funktioniert meist am besten.
- Tastaturbedienung ermöglichen: Nicht jeder kann eine Maus benutzen. Deine Website sollte auch nur mit der Tastatur bedienbar sein – von der Navigation bis zum Absenden eines Formulars. Teste es selbst: Tab-Taste drücken und los geht’s!
- Pop-Ups und CAPTCHAs vermeiden: Diese Elemente sind oft eine Barriere für viele Nutzer. Wenn sie nötig sind, dann mach sie zumindest so, dass sie leicht zugänglich sind und keine zusätzlichen Hürden darstellen.
- Einfache Sprache verwenden: Lange Sätze und komplizierte Fachbegriffe schrecken ab. Schreib deine Website Texte einfach und verständlich, damit sie jeder schnell erfassen kann – auch Menschen mit Konzentrationsschwierigkeiten oder Nicht-Muttersprachler.
Wie prüfst du, ob deine Website barrierefrei ist?
Ein einfacher erster Schritt ist der Einsatz von Google Lighthouse. Das ist ein kostenloses Tool, das direkt in deinem Browser funktioniert und dir schnell zeigt, wie zugänglich deine Website für alle Nutzer ist.
So nutzt du Google Lighthouse
- Google Chrome öffnen: Lighthouse ist in den Chrome-Entwicklertools integriert. Falls du Chrome noch nicht nutzt, lade den Browser herunter.
- Deine Website öffnen: Gib die URL deiner Seite ein und warte, bis sie vollständig geladen ist.
- Lighthouse starten:
- Klicke mit der rechten Maustaste auf die Seite und wähle „Untersuchen“ aus (alternativ: F12-Taste drücken).
- Im sich öffnenden Fenster klickst du oben auf den Tab „Lighthouse“. Falls du den Tab nicht siehst, findest du ihn unter „>>“.
- Barrierefreiheit prüfen:
- Setze im Menü den Haken bei „Accessibility“ (Barrierefreiheit). Du kannst alle anderen Häkchen deaktivieren, damit der Test nur auf Barrieren prüft.
- Klicke auf „Analyse“ – der Test startet und dauert ein paar Sekunden.
Was zeigt dir der Bericht?
Lighthouse liefert dir eine Zugänglichkeitsbewertung von 0 bis 100. Zusätzlich zeigt es dir konkrete Barrieren auf deiner Website, wie z.B. fehlende Alt-Texte, schlechte Farbkontraste oder Probleme bei der Tastaturnavigation. Zu jeder Barriere bekommst du eine kurze Erklärung und Vorschläge, wie du sie beheben kannst.
Google Lighthouse ist kostenlos, einfach zu bedienen und gibt dir schnelle, praktische Hinweise zur Verbesserung der Barrierefreiheit. Der Test ist nicht perfekt, aber ein sehr guter Einstieg, um die größten Probleme auf deiner Website zu erkennen und direkt anzugehen.
Wenn du mehr Tipps zu Barrierefreiheit und anderen Themen rund um deine Website möchtest, dann komm so gern in unseren Newsletter. ⬇️